2013-01-26

Olympus 35 SP @work

Die erste Filmpatrone ist durch und es war tatsächlich das erste Mal, dass ich einen ganzen Film lang mit einer Messsucherkamera fotografiert habe. Eine ganze Woche war der 36er Kodak ColorPlus 200 in der Kamera, den Großteil der Bilder habe ich aber bei wunderbarem Wetter und einem Ausflug nach Manhattan am letzten Sonntag geschossen. Hier also eine Auswahl davon und meine Eindrücke über die Praxistauglichkeit der Kamera. Technische Details und mehr Infos zur Kamera gibt es hier.


Der Broadway in SOHO in Richtung Süden...
Allgemeines - Die Kamera ist ein bißchen zu groß für die Jacken- oder Hosentasche. Man hängt sie um den Hals oder über die Schulter, am Besten in ihrer Bereitschaftstasche.  Einziger Schwachpunkt hier: Die Ösen sind nicht in der Schwerpunktebene angebracht, die Kamera kippt mit der Oberseite leicht nach hinten, wenn sie einfach so hängt. Ihre 600 g merkt man beim Tragen aber nicht wirklich.

Messsucher - Scharfstellen funktioniert wirklich gut mit diesem hellen Sucher und dem kleinen Mischbildentfernungsmesser in der Mitte. Meine Eingewöhnungsphase war sehr kurz, nur ein einziges Foto war nicht ganz scharf. Der Bildausschnitt wird mit einem hellen Rahmen eingeblendet, die Parallaxenmarkierung ist natürlich hilfreich, ein echter mechanischer Ausgleich wäre aber noch besser. Ich habe manchmal erst nach dem Druck auf den Auslöser an die Parallaxenverschiebung gedacht. Gewöhnungssache! Ich als Brillenträger hatte allerdings Schwierigkeiten, die Anzeige des Belichtungsmessers zu sehen. Bei Hochkantaufnahmen ist es noch schwieriger, da ist irgendwie die Nase im Weg. Das ist allerdings unerheblich, wenn man sich auf die Belichtungsautomatik verläßt... 
Broom St, SOHO

Objektiv - neben der Spotmessung das Highlight der Kamera. Ich liebe diese(n) Brennweite/Bildwinkel seit ich mein Panasonic 20 f/1.7 zum absoluten Lieblingsobjektiv erkoren habe. Dieses 42mm f/1.7 steht seinem 40 Jahre jüngeren Digital-Enkel aber nichts nach. Scharf und verzeichnungsfrei, die Kontraste knackig. Einzig die nur 85 cm Naheinstellgrenze habe ich zu bemängeln. Eine nähere hätte wohl einen deutlich höheren technischen Aufwand mit Parallaxenkorrektur für den Sucher bedeutet. Ich hatte relativ häufig den Wunsch, näher ran zu gehen, schade!

Belichtungssteuerung - Die Vollautmatik funktioniert gut und ich habe sie viel öfter benutzt als ich dachte. Die manuelle Option funktioniert natürlich auch, sie ist aber wirklich etwas kompliziert und bei anderen Kameras besser gelöst. Man muss erst den EV-Wert im Sucher ablesen, dann diesen am Objektiv einstellen und kann dann ggf. noch andere Kombinationen von Zeit und Blende wählen. Ich würde mir eine Zeitautomatik als Option wünschen. Gibt es aber nicht.
Schaufenster der deutschen Bäckerei Landbrot
(West Village, 137 7th Ave, Manhattan, NY)

Spotmessung - Nettes Feature und technisch sehr gut gelöst. Man wird durch diese Möglichkeit fast gezwungen, die Beleuchtungs- / Belichtungs- Situation seines Bildes genau zu überdenken. Gegenlichtaufnahmen und ähnlich kniffliges werden zum Kinderspiel. Ein halb gedrückter Auslöser funktioniert als Messwertspeicher, falls der Spot den man messen möchte nicht im Bildzentrum liegt.

Auslöser, Verschluss - Man merkt es deutlich, eben weil man sich an die Auslöseverzögerung digitaler Kameras schon gewöhnt hat, wie direkt analoge Fotografie sein kann. Bewegte Szenen wie die Basketball spielenden Jungs, gelingen einfach direkter. Der Verschluss der Kamera ist sehr leise, man kann auch einigermaßen unbemerkt damit fotografieren. 


Blitzen - habe ich nicht ausprobiert, sollte aber hier erwähnt werden. Die Kamera hat eine sog. Leitzahlen-Blitzautomatik, will heißen, man stellt die Leitzahl des Blitzes am Blendenring ein und die Kamera wählt je nach eingestellter Entfernung die richtige Blende, alles voll mechanisch, wohlgemerkt! Es funktioniert auch ohne Batterie.

Analoggefühl - Die direkte Bildkontrolle der Digitalknippsen fehlt natürlich und man überlegt sich viel genauer, ob sich die Aufnahme wirklich lohnt. Der Druck auf den Auslöser kostet halt $0.44 ($2.50 für den Film, $10 für Entwickeln und Scannen, 4$ Versandkosten), ich habe den Internet-Fotoservice PhotoplaceOnline.com ausprobiert, mein lokaler Fotohändler war ein bißchen teurer. Die Scans haben eine Größe von 3088 x 2048 Pixel (6.3 MP) bei 8 Bit Farbtiefe. Für's erste und einfache Abzüge reicht das allemal, die Negative selbst sollten noch ein bißchen mehr an Informationen enthalten, was man bei (teuren) Handabzügen ja noch rauskitzeln kann. 

Fazit - Eine tolle Kamera, die ich jedem empfehlen kann, der mal Messsucher-Feeling haben möchte, ohne gleich Tausende in ein Leica M zu investieren. Es gibt noch Alternativen, die Canonet GIII-QL17, Konica Auto S3 oder Yashica Electro und ein paar andere. Aber keine von denen hat die einmalige Spotmessung der Olympus. Dass ich jetzt mein Digitalequipment in die Ecke stelle, wird natürlich nicht passieren. Aber den einen oder anderen Film werde ich damit noch machen...

2013-01-21

Pentax K-1000


Ich habe hier mal die Argus C3 das Ford T-Modell der Kamerageschichte genannt. In diesem Sinne ist die Pentax K-1000 der VW Käfer, oder vielleicht auch ein Toyota Corolla. Sie wurde von 1976 bis 1997 sagenhafte 21 Jahre lang über 3 Millionen mal gebaut. Ihr herausragendes Ausstattungsmerkmal ist das Fehlen jeglicher Features, die man nicht wirklich zum normalen Fotografieren braucht. Keine Abblendtaste, keinen Selbstauslöser, keine Einspiegelung von Blende oder Verschlusszeit im Sucher, keinen Hauptschalter, kein Motoranschluss. Dafür hält man eine äußerst solide Kamera in der Hand, die die wesentlichen Sachen fast bescheiden unkompliziert erledigt.

Pentax K-1000
Asahi wollte die Kamera eigentlich gar nicht solange bauen. Sie kam 1976 auf den Markt, nachdem Pentax ihre neue kompakte M-Serie vorgestellt hatte. Man brauchte aber noch eine simple Einsteigerkamera für das noch junge K-Bajonett. Und da waren ja noch die alten Werkzeuge der anderen K-Kameras und viele Bauteile der alten Spotmatic Serie (M42) von 1964 . Wenn man genau hinsieht, erkennt man in der K-1000 den direkten Nachfahren dieser legendären Spotmatics, nur eben mit neuem Bajonett und ohne Gimmicks, damit die ambitionierteren Käufer die besser ausgestatteten und teureren M-Kameras kauften. Um noch weiter Kosten zu senken, verlagerte Asahi die K-1000 Produktion 1979 nach Hongkong, wo die meisten der Kameras unverändert gebaut wurden, auch meine hier. Als die Produktion wegen anhaltender Popularität der Kamera 1990 weiter nach China zog, wurden einige Metallteile durch Plastik ersetzt. Pentax gab 1997 offiziell die Produktion auf, die Chinesen benutzten die alten Werkzeuge und auch ihr gewonnenes Know-how für die Herstellung ähnlicher Kameras. Der noch heute angebotene Urahn heißt Promaster 2500PK.
Meine Kamera bekam ich als quasi kostenlose Beigabe bei der e-bay Auktion meiner Olympus 35 SP. Sie war als defekt deklariert, hatte einen schiefen Zuberhörschuh und der Belichtungsmesser ging nicht mehr richtig. Wie man oben sehen kann, ist es gar nicht so schwer sie aufzuschrauben und es gibt sogar ein Repair Manual im Netz. Ich habe mich also an die Arbeit gemacht, den Gehäusedeckel von innen wieder ausgebeult und damit den Zubehörschuh wieder gerade gerichetet, damit wurde auch das kleine blaue Kabel nicht mehr gequetscht (Kurzschluss) und der Belichtungsmesser funktionierte wieder (mit neuer Batterie). Ich brauchte nur noch ein Objektiv und das habe ich am letzten Sonntag auf der Kamerashow in Wayne auch gefunden. 

Datenblatt Mechanische KB-Spiegelreflexkamera mit Nachführbelichtungsmessung
Objektiv Pentax K Bajonett
Verschluss Horizontal ablaufender Tuchschlitzverschluss, 1s - 1/1000 s und B. Blitzsynchronisation 1/60s.
Belichtungsmessung Zwei CdS-Zellen, TTL. Automatische Abschaltung bei Dunkelheit. Nachführmessung mit Nadelanzeige im Sucher. Empfindlichkeitseinstellung 25-3200 ASA. 
Fokussierung SLR, Mikroprismenmattscheibe, nicht auswechelbar. Modell K-1000 SE hat zusätzlich einen Schnittbildentfernungsmesser
Sucher Spiegelreflex, s.o.
Blitz Mittenkontakt im Zubehörschuh und Synchronbuchse (X). 1/60s Synchronzeit.
Filmtransport Schnellspannhebel, Bildzählwerk, Rückspulkurbel.
sonst. Ausstattung ISO-Gewinde für Drahtauslöser, keinen Selbstauslöser, keine Abblendtaste
Maße, Gewicht ca. 143/92/48 mm, 620 g (China: 525g)
Batterie 1.5V LR44 oder SR44.
Baujahr(e) 1976-1979 (Japan), 1979-1990 (Hongkong), 1990-1997 (China, ohne Asahi Schriftzug), zusammen ca. 3 Mio Exemplare
Kaufpreis, Wert heute US$299 (1976 mit 55mm f/2), heutiger Wert ca. US$50
Links Reparaturanleitung, Ken Rockwell, Manual (english), Camera-Wiki (mit noch mehr Links), Martin Taylor's...

2013-01-16

Olympus 35 SP

Es gibt wohl nur wenige andere Messsucherkameras mit fest eingebautem Objektiv, die an sie heranreichen, zu nennen sind z.B. die Canonet G-III QL17, Konica Auto S3, und wenige andere. Auch muss sie den Vergleich zu mehr prominenten Vertretern ihrer Gattung nicht schäuen, manche behaupten gar, sie wäre besser als eine Leica CL oder deren jüngere Minolta Stiefschwester CLE. Mal sehen... Als die 35 SP 1969 auf den Markt kam, war sie der Zeit weit voraus. Dies erklärt auch, warum sie selbst heute noch eine viel gesuchte und geschätzte Kamera ist, zumindest bei der analogen Foto-Comunity. Nicht nur Sammler zahlen bis zu 400$ für ein funktionierendes und gut erhaltenes Stück, sondern auch viele, die damit noch ersthaft fotografieren möchten. Ich musste einige e-bay Auktionen ziehen lassen, weil mein selbstgesetztes Limit von 100$ oft bei weitem überschritten wurde. Am Ende hatte ich doppelt Glück, erstens weil mein Exemplar wirklich gut in Schuss ist und zweitens weil sie zusammen mit einer anderen Kamera kam, die ich reparieren konnte (dazu demnächst hier mehr).


Meine Kamera hat die Seriennummer 303180, was leider nicht viel aussagt. Olympus hat aber einen Produktionsterminstempel im Inneren der Kamera versteckt (auf der Rückseite der Filmandruckplatte, siehe Bild oben) und da steht, dass sie aus dem Januar 1971 stammt, also ziemlich in der Mitte des Produktionszeitraums.

Über die Kamera findet sich schon viel Lob und auch Details im Netz, ich werde hier nicht alles wiederholen (siehe auch die Links unten). Ich habe mir aber gleich eine neue Batterie besorgt (Wein Cell, eine Zink-Luft Alternative zur mitlerweile verbotenen Quecksilberzelle PX 625) und natürlich einen Film eingelegt. Über meine Erfahrungen werde ich natürlich hier berichten und auch ein paar Bilder zeigen.


Datenblatt KB-Messsucherkamera mit vollautomatischer und manueller Belichtungskontrolle sowie Spot-Messung
Objektiv G.Zuiko 42mm f/1.7, modifizierter Doppel-Gauss-Typ mit 7 Linsen in 5 Gruppen
Verschluss Seiko-FLA Zentralverschluss, 1s - 1/500 s und B. Bei Bedarf vollautomatisch gesteuert zwischen 1/15s f/1.7 (EV 5.5) bis 1/250s f/22 (EV 17), Selbstauslöser
Belichtungsmessung CdS-Zelle neben dem Sucher, wahlweise Integral oder Spot-Messung (6°), nicht abschaltbar. Belichtungsmesser ist im manuellen Modus nicht gekoppelt. Empfindlichkeitseinstellung 25-800 ASA. 
Fokussierung Manuell am Objektiv mit extra Griff, 0.85m bis unendl., heller gekoppelter Mischbildentfernungsmesser im Sucher.
Sucher Messsucher, Suchervergrößerung 0.7x, eingespiegelter Bildausschnitt und Parallaxenmarkierungen. EV-Wert Anzeige des Belichtungsmessers 
Blitz Mittenkontakt im Zubehörschuh und Synchronbuchse (X). Leitzahlen-Blitzautomatik (LZ 10-80). Synchronisation bei allen Zeiten. 
Filmtransport Schnellspannhebel, Bildzählwerk, Rückspulkurbel.
sonst. Ausstattung Auslösesperre im Automatikmodus bei Belichtungszeiten < 1/15s, Zubehörschuh, ISO-Gewinde für Drahtauslöser, Filtergewinde 49mm
Maße, Gewicht ca. 130/80/61 mm, 600 g
Batterie 1.35V PX 625 (Hg) oder Zink-Luft Alternative.
Baujahr(e) 1969-1972, bis 1976 noch leicht modifiziert als 35 SPn und 35UC. 
Kaufpreis, Wert heute ¥24,800 (1969 waren das US$69, heutige Kaufkraft ca. $400), heutiger Preis: US$100 bis US$400 (siehe auch e-bay)
Links Bedienungsanleitung (deutsch), Eric Fiss' Artikel, Manual (english), Andrew Yue, mein eigener Erfahrungsbericht, Cameraquest, Claus Marin's "Olympus Classical Cameras"

2013-01-14

Acmel MD

Eine Minox fehlt natürlich immer noch in meiner Sammlung, dafür gibt es hier schon mal eine für Minox Film mit dem bisher kleinsten Bildformat bei kommerziellen Kameras von nur 8x11 mm. Gemessen an der Sensorgröße heutiger Digitalknippsen ist das allerdings immer noch groß! Diese Kamera wurde von der Firma Nikoh in Japan gebaut und vom Fotovertrieb Asanuma unter dem Namen Acmel MD auf den Markt gebracht. In Deutschland wurde die Kamera unter dem Namen Revue MD vom Quelle-Versand vertrieben.  Der erste Produktionsrun soll angeblich ca. 10000 Einheiten umfasst haben, dennoch wurden im ersten Jahr weltweit nur 500 Stück verkauft. Neben Quelle gibt es noch einige andere fast baugleiche Versionen untern anderen Namen. Sogar Minox selbst ließ eine Einfachstkamera (Minox MX) im selben Gehäuse bauen, allerdings ohne die elektronische Belichtungssteuerung, man wollte wohl seinen eigenen Kameras nicht Konkurrenz machen. Die Minox EC ist bei ähnlichem Preis und Ausstattung wohl auch der Hauptgrund, warum die Acmel MD nicht sonderlich erfolgreich war.
Acmel MD
Technisch ist die Kamera recht gut ausgestattet: Ein Zeitautomat, allerdings für eine feste Blende. Die Entfernung musste geschätzt werden, immerhin konnte man hier was einstellen im Gegensatz zu vielen anderen Fixfokuskameras in diesem Marktsegment. Vollautomatisch funktionierte auch das Blitzen. Der zugehörige Systemblitz MDX wurde mit jeder Kamera verkauft, konnte aber abgenommen werden. Er ist nochmal so groß und schwer wie die Kamera selbst. Ich schätze aber, dass die weitaus meisten der Bilder mit dem Blitz entstanden sind. Viele weitere Infos gibt's unten in der Tabelle und über die angegebenen Links.

Datenblatt Kleinstbildkamera im Minox Format 8x11 mm
Objektiv Azonon 15mm f/3.5, ein Tessar Typ(4 Linsen in 3 Gruppen), feste Blende bei 4.8
Verschluss elektronisch gesteuerter 2-Blatt-Verschluss, ca. 2 s bis 1/500 s, rote Warn-LED im Sucher unterhalb 1/30 s. Keine manuelle Wahl der Zeiten.
Belichtungsmessung CdS-Zelle neben dem Sucher, EV 5-17.
Fokussierung Manuell mit Schieber, keine Scharfstellhilfe.
Sucher Einfacher Durchsichtsucher, Parallaxenmarkierung für 30 cm.
Blitz Anschluss für Acmel MDX Systemblitz (LZ 8), gesteuert durch die Kamera.
Filmtransport mittels Daumenrad, spannt gleichzeitig den Verschluss.
sonst. Ausstattung Bildzählwerk, grüne Bereitschafts-LED, Schutzschieber vor Objektiv und Sucher
Maße, Gewicht ca. 84(143)/37(41)/21mm, 46(79)g ohne(mit) Blitz. Mit Batterien insg. 105 g
Batterie 2 x CR-1/3N (Kamera), 1 x Lithium 123A 3V (Blitz)
Baujahr(e) 1991-1997 (?), auch unter anderen Namen (s. Links)
Kaufpreis, Wert heute ca. US$ 250 (1991), US$30 bis US$100
Links Manual (english), Submin.com - umfassende Subminiatur Kamera Seite,
Brochure (english)

2013-01-05

Robot Filmkassette(n)


Robot Kameras wie meine Junior benötigen mindestens eine Filmkassette zum Betrieb. In ihr wird der Film aufgewickelt, eine festeingebaute Spule oder gar (halb-) automatische Aufspuleinrichtung gibt es nicht. Die Junior hat wie ihre älteren Ahnen Robot I und II keine Rückspultkurbel, d.h. der Film muss zwangsläufig in eine Kassette, will man nicht ständig in die Dunkelkammer zum Filmwechseln. Die ersten Robotkameras benötigten gar zwei solche Kassetten, denn die normale KB-Patrone passte gar nicht! Man musste also entweder selbst Meterware aufspulen, oder seinen Fotohändler fragen es für einen zu tun. Heute undenkbar, vor 1960 war das aber eher die Regel als die Ausnahme. Viele Hersteller kochten hier ihr eigenes Süppchen. 
Das hier ist Kassettentyp N, besteht aus solidem Messing und einem Stahlbleckkern. Auf der Unterseite (hier rechts oben) gibt es zwei kleine rausstehende Nieten und in der Kamera eine entsprechende Nut, damit läßt sich die Kassette in nur einer Position einsetzen und sitz dann sicher. Es gab auch noch andere Modelle (K, T, NR, TR) insbesondere für die Vorkriegskameras, besonders die K-Typen sind heute sehr selten und zum Teil mehr wert als die Kameras.

2013-01-01

Robot Junior

Heinz Kilfitt konstruierte schon Anfang der 1930er Jahre eine neue Kleinbildkamera für das von ihm favorisierte quadratische Filmformat 24x24 mm. Das innovativste Merkmal der Kamera war der später von Gauthier produzierte Rotationsverschluss. Kilfitt fand in Hans-Heinrich Berning einen Partner, der die Idee mit dem Federmotor beisteuerte. Bernings Vater Otto und sein Onkel Herrmann, beides wohlhabende Industrielle investierten in die neue Firma und in eine bis dahin im Fotobereich in ihrem Umfang unbekannte Werbekampagne. Ab 1934 gab es die "Robot"-Kamera, die 1939 vom Robot II abgelöst wurde. Diese Kamera ist die Basis aller 24x24 mm Kameras, die bis in die 70er Jahre hinein von Berning & Co. produziert wurden. Auch diese Robot Junior hat dieselben Ausmaße und  alle wesentlichen Merkmale. Sie wurde neben anderen besser ausgestatteten Modellen ab 1954 als Einsteiger-Robot angeboten.

Robot Junior

Robot-Kameras wurde mit unterschiedlich starken Federmotoren angeboten. Das etwas unhandlich wirkende stärkste Modell hier ragt immerhin 3.5 cm aus der Kameraoberseite heraus, schafft aber einen kompletten KB-Film (36er, ergibt bis zu 52 Aufnahmen bei 24x24) mit einem Aufzug durchzuziehen. Wenn der Auslösefinger gut geübt ist, soll es angeblich mit bis zu 5 Bildern pro Sekunde gehen, das war damals Weltrekord für automatisierten Filmtransport. Mein Modell hakt allerdings etwas und mehr als 1 Bild pro Sekunde sind geschätzt nicht mehr drin. Nimmt man die Kamera in die Hand, fällt besonders eins auf: Sie ist verdammt schwer. Trotz ihrer sehr kompakten Ausmaße wiegt sie 650g, fast soviel wie eine KB-SLR aus der Zeit. Die ähnlich kompakten Olympus PEN EES-2 (Halbformat 18x24) oder die Rollei 35 (24x36!) wiegen nur die Hälfte. Erklärung: alle Robot-Kameras wurden aus V2A-Stahl hergestellt und sind damit äußerst robust. 


Mehr über Robot-Kameras und auch ihre heutige Rolle kann man auf den verlinkten Seiten im Netz nachlesen (siehe auch unten). Meine Geschichte zur Robot beginnt mit meinem Vater, der mir von diesen Motorkameras ab und zu vorgeschwärmt hat als ich noch Kind war. Allerdings hat er nie eine eigene besessen. Erst später habe ich den Zusammenhang begriffen: Er hat als 15-Jähriger eine Lehre als Maschinenschlosser bei Otto Berning & Co in Schwelm gemacht als deren Kamerawerk in Düsseldorf in vollster Blüte stand. Heinz Kilfitt hat Robot schon 1938 wieder verlassen und sein eigenes Kamerunternehmen gegründet und sich auch sonst einen Namen als innovativer Kameradesigner gemacht.
Diese(n ?) Robot Junior habe ich schon im März 2011 auf meiner ersten Second Sunday Camera Show gekauft. Sie ist leicht defekt - der Federmotor kann nur per Zange aufgezogen werden und der Verschlusssperrhebel fehlt, außerdem müsste die Belderung erneuert werden. Ich dachte, das ist ein perfektes Renovierungsprojekt und ich warte mit diesem Beitrag bis sie wieder wie neu ist. Tja, irgendwie komme ich nicht dazu und so habe ich mich jetzt doch entschlossen, sie hier zu präsentieren.


Datenblatt Kleinbildkamera für das Format 24x24mm mit motorisiertem Verschlussaufzug und Filmtransport
Objektiv Wechselobjektive mit Schraubgewinde M26x1mm, Auflagemaß 31mm. Über 100 verschiedene Objektive verfügbar. Standardobjektiv für die Junior war das Schneider-Kreuznach Radionar 3.5/38mm, ein Triplet.
Verschluss Mechanischer Rotationsverschluss hinter dem Objektiv mit 1/2 bis 1/500 s in acht Stufen (2-5-10-25-50-100-250-500) und B. Blitzsynchronisation mit allen Zeiten möglich.
Belichtungsmessung keine.
Fokussierung Manuell am Objektiv, keine Scharfstellhilfe.
Sucher Einfacher Durchsichtsucher, keine Parallaxenmarkierung.
Blitz Separate Buchsen für Elektronenblitz (X) und Blitzbirnchen (M) an der Kameravorderseite.
Filmtransport Automatischer Filmtransport mittels Federwerk. Doppeltes (hohes) Federwerk erlaubt bis zu 50 Aufnahmen bei 3-4 B/s.
sonst. Ausstattung Bildzählwerk, Auslösesperre, Zubehörschuh, ISO-Gewinde für Drahtauslöser, keine (!) Rückspuleinrichtung, spezielle Filmkassette
Maße, Gewicht ca. 110/95/40(58)mm, 501(650)g ohne (mit) Objektiv
Batterie keine.
Baujahr(e) 1954-1960(?)
Kaufpreis, Wert heute 198 DM (1954), US$100 bis US$200
Links Bedienungsanleitung, Peter Lausch's Artikel, Robot-Camera.de (umfassende Robot Seite), 
Scotts Photographica (english)
Seiten aus dem Photo Porst "Photohelfer" Katalog von 1956