2013-05-25

Canon AE-1


Als bekennender Nikon Fan (zumindest was analoge Kameras angeht) hätte ich nie gedacht, jemals eine Canon zu kaufen, aber hier ist sie. Canon vs. Nikon, diese Rivalität lebt auch heute noch in vielen Fotoforen und es ist bizarr, wie sich die Lager fast beschimpfen. Canon startete mit Leica-Kopien, Nikon mit Contax-Klonen, beide zusammen bewiesen, dass die japanische Kameraindustrie die deutschen Vorbilder spätestens ab Ende der 60er Jahre abgehängt hatte. Nikon hatte damals im Top-Segment bei den Profifotografen mit "der F" und dem darauf aufbauenden System die Nase lange vorn, Canon tummelte sich mehr bei den Consumer-Kameras. Spätestens aber mit der AE-1 schickte Canon eine Kamera in den Ring, die mit ca. 5 Millionen Einheiten eine der erfolgreichsten SLR Modelle überhaupt wurde und Canon zum ebenbürtigen Erzrivalen von Nikon machte.
 

Versetzen wir uns in das Jahr 1980: Canon AE-1 vs. Nikon FE, das ist Blenden- vs. Zeitautomatik, Außen- vs. Innenbajonett, links- vs. rechtsrum, horizontaler Tuch- vs. vertikaler Metall-Schlitzverschluss und noch ein paar andere kleinere Gegensätze. Interessant an diesem Vergleich ist, dass beide Kameras ihre Aufgaben ansonsten gleich gut lösen, die selbe Zielgruppe ansprechen (den anspruchsvollen Amateur) und zum Fotografieren eigentlich absolut austauschbar sind, Geschmackssache halt.

Die Canon AE-1 war ein Meilenstein im Kamerbau nicht nur weil sie einen so großen Markterfolg hatte. Sie war die erste wirklich elektronisch gesteuerte Kamera mit einer zentralen Prozesssteuerung (CPU), ohne Batterie ging nichts! Viele mechanische Verbindungen wurden durch elektrische Leitungen ersetzt, der Auslöser war nur noch ein Schalter, das Zeit- und Empfindlichkeitseinstellrad ein Potentiometer. Damit konnte man die Kamera höchst modular aufbauen und Canon konnte für spätere Kameramodelle auf bestehende Module zurückgreifen und quasi beliebig kombinieren. Außerdem wurden viele Gehäuseteile (auch wenn sie so aussehen) nicht mehr aus Metall, sondern aus galvanisierten ABS-Kunstsoff (Acrylnitril-Butadien-Styrol) spritzgegossen. Wenn man es genau nimmt, baute Canon eine Kamera wie sie der Markt erwartete, allerdings mit einem hochmoderen Produktionsverfahren und zu viel geringen Kosten als die Konkurrenz. Das wiederum führte zu niedrigeren Preisen und damit (zusammen mit einer groß angelegten Werbekampagne) zum großen Markterfolg.  Die Konkurrenz musste natürlich langfristig nachziehen und heutige Digitalkameras sind eigentlich fotografierende Computer, bestehen fast vollständig aus Kunsstoff und durch die modulare Bauweise können die Hersteller heute mindestens jährlich neue Modelle bringen. Die Canon AE-1 ist quasi der Urahn dieses Prinzips, auch wenn sie uns heute wie die typische 80er Jahre SLR erscheint.


Datenblatt Erste SLR mit Mikroprozessor (CPU)
Objektiv Wechselobjektive mit Canon FD Bajonett.
Verschluss Horizontaler, elektronischer Tuchschlitz-verschluß 1/1000s - 2s und B.
Belichtungsmessung Mittenbetonte TTL-Offenblendmessung, Empfindlichkeitseinstellung 25-3200 ASA. Computergesteuerte Blendenautomatik oder manuelle Blendeneinstellung.
Fokussierung manuell, mit Schnittbild und Mikroprimenring als Scharfstellhilfen.
Sucher SLR, 94% des Bildfelds, Suchervergrößerung 0.86x. Nadelanzeige für gewählte bzw. vorgeschlagene Blende, Warn-LED bei Unterbelichtng und manuellem Betrieb.
Blitz Mittenkontakt im Zubehörschuh und Synchronbuchse (X). 1/60s Synchronzeit. Zusätzliche Kontakte für Systemblitz, damit Blitzautomatik möglich.
Filmtransport Schnellschalthebel, mit optionalem Winder motorisch bis zu 2 B/s.
sonst. Ausstattung elektronischer Selbstauslöser, Abblendtaste, Anschlussmöglichkeit für Daten-Rückwand, Gegenlichttaste (+1.5 EV).
Maße, Gewicht ca. 141/87/48 mm, 590g ohne Objektiv und Batterie.
Batterie 6V (Queck-)Silberoxid PX28 bzw. 4LR44 oder 4 x LR44 1.5V Knopfzellen. Ohne Batterie nicht mal eingeschränkte Funktionen möglich.
Baujahr(e) 1976-1984
Kaufpreis, Wert heute $275, 730DM, 81.000 Yen (1976), heutiger Wert ca. US$80
Links Anleitung (english, deutsch, spanisch), Wikipedia, Service Manual, Canon Camera Museum, Modern Classic SLR

3 comments:

  1. Ein sehr interessanter Blog - habe ihn gerade entdeckt und muss noch viel herum gucken - wunderbar technik-nostalgisch.
    Liebe Grüße - Monika mit Bente

    ReplyDelete
  2. Sie schreiben:
    "Sie war die erste wirklich elektronisch gesteuerte Kamera mit einer zentralen Prozesssteuerung (CPU), ohne Batterie ging nichts! !

    ...das kann man so nicht unkorrigiert stehen lassen:

    dieser Verdienst geht klar an CONTAX/Yashica mit der 139 Quartz voll-elektronischer Kamera, die technisch der CANON AE-1 klar überlegen war (genauere Quartz-Zeitenbildung/ geringeres Gewicht);

    ich finde aber Ihre Seite toll und informativ - auch wenn ich persönlich eine CONTAX RTS von 1974 (auch die RTS II von 82 mit Quartz-Steuerung und TTL war besser als die Nikons der damaligen Zeit) jeder Nikkormat oder NIKON F klar vorziehe - nicht nur des besseren & moderneren Designs und der qualitativ klar überlegen / besseren Objektive wegen ! (meine Meinung als Berufs-Fotograph nach 35 Jahren...) Grüße !

    ReplyDelete
    Replies
    1. Hallo Photographica...

      ich wüsste nicht, was es an meinem Satz zu korrigieren gäbe. Vielleicht ist die Betonung auf "...zentralen Prozesssteuerung (CPU)..." nicht so rübergekommen, aber die AE-1 war 1976 auf dem Markt und damit vor allen anderen. Elektronisch gesteuerte Verschlüsse gab es seit 1968 (siehe mein Beitrag zur Praktica electronica), aber das habe ich nicht gemeint.
      Außerdem erschien die Contax 139 Quartz "erst" 1979 zusammen mit vielen anderen Kameras mit elektornischen Verschlüssen, was deren Beitrag mit der Quarzstabilisierung nicht schmälern soll.
      Jeder hat seine Lieblingsmarke, ich versuche hier aber sachlich zu bleiben. Die RTS hat ein tolles Design, ohne Frage. Aus meiner Sicht entstammt dem Hause Contax/Yashica aber nicht wirklich eine fototechnischer Meilenstein!
      Danke trotzdem für den Kommentar, viele Grüße Christoph

      Delete